Athanasius Werke | Arbeitsstelle Erlangen/Wien

Dok. 31

Dok. 31: Brief des Kaisers Konstantin an die Kirche von Nikomedien (Urk. 27)

Konstantin Augustus an die katholische Kirche von Nikomedien.

1 Ohne Zweifel wißt ihr alle genau, geliebte Brüder, daß Gott, der Herrscher, und der Erlöser Christus Vater und Sohn sind; den Vater nenne ich anfangslos, ohne Ende, Ursprung seines Äons, der Sohn aber ist der Wille des Vaters, der durch keine Überlegung erfaßt und der in der Vollendung seiner Werke durch kein erforschtes Wesen begriffen werden kann. Denn wer dies versteht oder verstehen will, der muß für alle Art von Peinigung unendliche Geduld haben.

2 Aber der Sohn Gottes, Christus, der Schöpfer von allen Dingen und Anführer der Auferstehung selbst, wurde gezeugt, wie es dem Glauben, an dem wir festgehalten haben, entspricht, er wurde gezeugt - besser gesagt, er selbst, der immer im Vater ist, kam selbst hervor, um die von ihm geschaffenen Dinge zu ordnen -; er wurde also gezeugt in einem unteilbaren Hervorgang. Denn der Wille blieb zugleich auch in seiner eigenen Wohnung und organisiert und verwaltet das, was unterschiedlichster Pflege bedarf, nach der jeweiligen Beschaffenheit.

3 Was also ist zwischen Gott, dem Vater, und dem Sohn? Offensichtlich nichts! Diese Fülle der Dinge nämlich hat durch Wahrnehmung den Befehl des Willens empfangen und nicht den aus dem Wesen des Vaters abgeteilten Willen abgetrennt.

4 Daraus folgt also: Wer ist es, der mehr aus Scham als aus Torheit das Leiden meines Herrn Christus fürchtete? Leidet etwa nun das Göttliche, wenn die Wohnung des ehrwürdigen Leibes zur Erkenntnis ihrer eigenen Heiligkeit hinführt, oder unterliegt das einer Berührung, was vom Leib getrennt ist? Macht nicht gerade dies den Unterschied, was sich der Niedrigkeit des Leibes entzieht? Leben wir nicht, auch wenn der Ruhm der Seele den Leib in den Tod ruft?

5 Was für einen Spielraum für Zweifel läßt also demzufolge der unverletzte und reine Glaube? Oder siehst du nicht, daß Gott einen besonders ehrwürdigen Leib ausgewählt hat, durch den er ein Zeugnis für den Glauben und ein Beispiel für seine eigene Tugend zeigen wollte; auch wollte er die Vernichtung des Menschengeschlechts, verursacht durch schädlichen Irrtum, abschütteln, eine neue Lehre der Gottesverehrung geben und durch eine beispielhafte Reinigung die unwürdigen Taten des Geistes läutern, schließlich die Todesqual auflösen und den Siegespreis der Unsterblichkeit ausrufen!

6 Aber ihr, die ihr schließlich zu Recht von mir aufgrund der gemeinsamen Liebe Brüder genannt werdet, überseht bitte nicht, daß ich euer Mitdiener bin, überseht bitte nicht die Festung eurer Erlösung, deren Pflege ich ehrlich auf mich genommen habe und durch die wir nicht nur die Waffen unserer Feinde niedergestreckt, sondern auch die noch lebenden Seelen eingeschlossen haben, um den wahren Glauben der Menschenliebe zu zeigen.

7 Ich freute mich aber über diese Güter, besonders wegen der Erneuerung des Erdkreises. Und es war bewundernswert, damit gewürdigt zu werden, so viele Völker wahrlich zur Eintracht zu führen, von denen es vor kurzem noch hieß, sie kennten Gott nicht. Aber was werden diese Heiden kennenlernen, die sich noch keine Gedanken über Streitereien gemacht haben? Was glaubt ihr also, geliebte Brüder, wessen ich euch anschuldigen muß? Christen sind wir und zerstreiten uns in kläglichen Haarspaltereien!

8 Ist dies also unser Glaube, ist dies die Lehre des heiligsten Gesetzes? Aber was ist der Grund, durch den das Verderben des gegenwärtigen Übels entstanden ist? Oh, dieses Übermaß an Widerborstigkeit, an Haß, das jedes Ärgernis übertrifft! Welch Ausmaß eines Verbrechens zeigt sich, wenn geleugnet wird, daß der Sohn des Vaters aus dem ungeteilten Wesen des Vaters hervorgegangen ist! Ist Gott etwa nicht überall, obwohl wir wahrnehmen, daß er immer bei uns ist? Besteht etwa nicht durch seine Kraft die gute Ordnung des Alls, obwohl ihm der Abstand der Trennung mangelt?

9 Was soll also für euch gemacht werden? Geliebte Brüder, begreift endlich, ich bitte euch, die Qualen des gegenwärtigen Schmerzes. Ihr habt angekündigt, den zu bekennen, dessen Sein ihr leugnet, da euch dieser verdorbene Lehrer dazu überredet. Ich flehe euch an: Wer ist es, der dies die so arglosen Menge gelehrt hat? Eusebius, offensichtlich ein Miteingeweihter in die tyrannische Grausamkeit. Denn daß er überall ein Anhänger des Tyrannen war, das kann man aus allem erkennen. Dies bezeugen die Opfer unter den Bischöfen, unter den wahrhaftigen Bischöfen, und dies schreit ausdrücklich die bislang schwerste Verfolgung der Christen heraus.

10 Ich will jetzt nichts über die gegen mich verübten Anschläge berichten, durch die er zu dem Zeitpunkt, als die Mitläufer der Gegenseite besonders aktiv waren, Spione gegen mich losschickte; nur bewaffnete Hilfe leistete er dem Tyrannen nicht.

11 Niemand soll glauben, ich wäre für einen Beweis in dieser Sache nicht gerüstet. Denn ein klarer Beweis ist die Tatsache, daß die Presbyter und Diakone, die sich dem Eusebius angeschlossen haben, offensichtlich von mir festgenommen worden sind. Aber dies übergehe ich, was nicht aufgrund einer Verärgerung, sondern um jene zu beschämen von mir jetzt vorgebracht worden ist. Allein jenes fürchte ich, allein darüber mache ich mir Gedanken, daß ich sehe, wie ihr zur Gruppe der Schuldigen dazugerechnet werdet. Denn unter der Führung und Verkehrung des Eusebius habt ihr euer Gewissen von der Wahrheit entfremdet.

12 Aber eine Heilung ist nicht schwer, wenn ihr jetzt wirklich einen frommen und reinen Bischof annehmt und zu Gott aufblickt, was im Moment an euch liegt und schon längst durch eure Entscheidung erreicht worden wäre, wenn nicht der besagte Eusebius mit einem Sturm seiner Anhänger hierher gekommen wäre und die geordneten Zustände schamlos durcheinander gebracht hätte.

13 Aber nachdem eurer Liebe einiges über diesen Eusebius mitgeteilt werden mußte, möge sich eure Geduld an die in der Stadt Nicaea veranstaltete Synode erinnern, bei der auch ich dabei war, wie es der Frömmigkeit meines Gewissens angemessen ist, wobei ich nichts anderes wollte, als Eintracht unter allen zu bewirken und hauptsächlich diese Angelegenheit aufzudecken und zu Fall zu bringen, die ihren Anfang in dem Irrsinn des Alexandriners Arius genommen, sofort aber an Macht gewonnen hatte durch den unmöglichen und schädlichen Eifer des Eusebius.

14 Aber dieser Eusebius, Geliebte und Verehrte, was glaubt ihr, mit welcher Menschenmenge, da er doch seinem eigenen Gewissen unterlegen ist, mit welcher Schande er sich für die überall verurteilte Falschlehre stark gemacht hat. Er schickte mir nämlich die verschiedensten Leute, die sich für ihn aussprachen, und erbat von mir gewissermaßen Kampfgenossenschaft, damit er nicht aus seinem gegenwärtigen Amt entlassen wird, falls er eines so großen Fehlers überführt würde. Gott selbst, der mir und auch euch gegenüber freundlich gesinnt bleiben möge, ist mein Zeuge dafür, denn auch mir hat jener geschadet und mich übervorteilt, was auch ihr wissen sollt. Alles wurde nämlich damals so gemacht, wie er es wollte, wobei er alles mögliche Schlechte in seinem eigenen Sinn verborgen hielt.

15 Aber jetzt, um den Rest seiner Torheit zu übergehen, bitte ich euch, vernehmt, was er besonders mit Theognis angestellt hat, den er als Teilhaber seines Unsinnes hat. Ich hatte einigen Alexandrinern, die sich von unserem Glauben losgesagt hatten, befohlen, dorthin zu kommen, weil durch deren Unterstützung die Flamme der Zwietracht erwacht war.

16 Aber diese hervorragenden und guten Bischöfe, denen die Wahrheit der Synode ein für allemal Buße auferlegt hat, nahmen diese nicht nur auf und brachten sie bei sich in Sicherheit, sondern verbanden sich sogar mit deren schlechter Lebensart. Daher beschloß ich, mit diesen undankbaren Menschen folgendermaßen zu verfahren: Ich befahl, daß sie nach ihrer Festnahme möglichst weit weg verbannt werden sollten.

17 Jetzt ist es eure Sache, in jenem Glauben, den es schon immer gegeben hat und den es auch immer geben muß, auf Gott zu schauen, und sich so zu verhalten, daß wir uns freuen, heilige, rechtgläubige und menschenfreundliche Bischöfe zu haben. Falls es aber jemand unbedachterweise wagen sollte, jene verdorbenen Menschen ins Gedächtnis zu rufen oder ihnen Lob entgegenzubringen, so soll er von seiner Unverfrorenheit sofort durch die Macht des Dieners Gottes, also durch meine Macht, abgedrängt werden.

Gott möge euch bewahren, geliebte Brüder!

Zuletzt geändert: 2015-04-07 Di 19:07 von annette.von.stockhausen@fau.de

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